Sind Sie als Coach tätig, sollte möglichst vor Aufnahme der Berufstätigkeit vorab geklärt werden, ob Sie freiberuflich oder gewerblich tätig sind. Aber auch dann, wenn Sie bereits als Coach aktiv sind, müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Finanzamt Ihren Status überprüft. Dazu kommt es maßgeblich darauf an, welche Dienstleistung Sie genau anbieten und wie Sie Ihr Angebot ausgestalten. Die Finanzämter stellen die Vorzüge einer freiberuflichen Tätigkeit gerne in Frage und verweisen darauf, dass die betreffende Person gewerblich tätig sei. Da die Abgrenzung in der Praxis oft schwierig ist, sind immer wieder Gerichte berufen, die Streitfrage zu beurteilen.
Warum ist die Unterscheidung zwischen freiberuflich und gewerblich so wichtig?
Die Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit hat steuerliche Auswirkungen. Vor allem steht auch der bürokratische Aufwand im Blickfeld. Die Unterschiede erklären sich meist nur historisch und nehmen auf die Realität nicht hundertprozentig die gebotene Rücksicht. Freiberufler profitieren im Vergleich zu Gewerbetreibenden von einer Reihe von Vorteilen:
- Freiberufler brauchen ihre Tätigkeit lediglich beim örtlichen Finanzamt anzuzeigen. Sie benötigen keinen Gewerbeschein.
- Freiberufler ermitteln ihren Gewinn mit einer einfachen Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR). Sie sind nicht zur doppelten Buchführung oder gar zur Bilanzerstellung verpflichtet. Auf die Höhe des Umsatzes kommt es nicht an. Eine Einnahmen-Überschussrechnung ist wesentlich einfacher und kann notfalls auch kostengünstig ohne Steuerberater erstellt werden.
- Freiberufler brauchen keine Inventur zu machen.
- Freiberufler müssen Forderungen nicht bewerten oder gar versteuern.
- Freiberufler dürfen, ganz egal wie hoch der Jahresumsatz ist, sich für die sogenannte Ist-Besteuerung entscheiden. Das bedeutet: die Umsatzsteuer für die Umsätze wird erst fällig, wenn der Kunde zahlt. Bei der Sollbesteuerung hingegen wird die Umsatzsteuer bereits mit Rechnungsstellung fällig, unabhängig davon, wann der Kunde zahlt.
- Freiberufler brauchen keine Gewerbesteuererklärung abzugeben und zahlen keine Gewerbesteuer.
- Freiberufler sind keine Pflichtmitglieder bei der Industrie- und Handelskammer und zahlen keine IHK-Pflichtbeiträge.
Welches Risiko besteht bei falscher Einstufung?
Haben Sie Ihre Tätigkeit gegenüber dem Finanzamt als freiberufliche Tätigkeit angezeigt, überprüft das Finanzamt die Einstufung im Rahmen des ersten Steuerbescheides. Unter Umständen erfolgt eine Außenprüfung, bei der das Finanzamt die Art und Weise Ihres Engagements überprüft. Es besteht das Risiko, dass Sie nachträglich unqualifiziert werden und Ihre freiberufliche Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit eingestuft wird. In diesem Fall berechnet der Fiskus rückwirkend Gewerbesteuern, sofern der Jahresgewinn 24.500 € übersteigt. Außerdem besteht mehr oder weniger praktisch das Risiko, dass das Ordnungsamt ein Bußgeld verhängt, weil Sie trotz eventuell besserem Wissen keinen Gewerbeschein beantragt haben. Umgekehrt drohen keine Konsequenzen.
Wann sind Sie als Coach freiberuflich tätig?
Der Umstand, dass Sie nirgendwo angestellt sind, keinen Arbeitgeber haben und keinen Weisungen unterworfen sind, genügt nicht, dass Sie sich als Freiberufler bezeichnen dürfen. Das Einkommensteuerrecht definiert ziemlich genau, wann ein Dienstleister freiberuflich tätig ist und Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit erzielt (§ 18 EstG). In der Kritik erscheint die Definition oft als teils willkürlich und nicht immer unbedingt logisch. Dienstleister, die ihre Tätigkeit als freiberufliche Dienstleistung betrachten, müssen sich also immer wieder mit der Herausforderung auseinandersetzen, ihre freiberufliche Dienstleistung als freien Beruf nachzuweisen und gegen Kritik des Finanzamtes zu verteidigen.
Zu den freiberuflichen Tätigkeiten gehören nach dem Wortlaut des Gesetzes die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, insbesondere und typischerweise die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten, Steuerberater, vereidigten Buchprüfer, Heilpraktiker und ähnlicher Berufe.
Die Tätigkeit eines Coach ist in dieser Tätigkeitsbeschreibung nicht ausdrücklich erwähnt und wird auch als berufliche Tätigkeit nicht benannt. Coaching als solches ist auch kein Heilberuf und nicht mit der Tätigkeit von Ärzten und Heilpraktikern vergleichbar. Dem Grundsatz nach wird Coaching also als gewerbliche Tätigkeit verstanden. Sie können trotzdem als freiberuflicher Dienstleister qualifiziert werden, wenn Ihre Tätigkeit einen „ähnlichen Beruf“ darstellt, wie er im Einkommensteuergesetz beschrieben ist. Ein der gesetzlichen Definition ähnlicher Beruf ist anzunehmen, wenn die Tätigkeit auf einer vergleichbaren breiten fachlichen Vorbildung beruht und sich die Beratungstätigkeit auf einen vergleichbaren breiten Bereich erstreckt. Da die Dienstleistung eines Coach eine sehr pauschale Beschreibung darstellt, kommt es darauf an, welche Art von Coaching Sie anbieten.
Was spricht beim Coaching für eine freiberufliche Tätigkeit?
Im Hinblick auf die Tätigkeit eines Coach lassen sich daraus folgende Aspekte ableiten: …
- Sie vermitteln in einer unterrichtenden Tätigkeit systematisch Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Ihrem Fachgebiet.
- Ihre Dienstleistung erfolgt in organisierter Form. Ihr Coaching zeichnet sich dadurch aus, dass Sie eine Art Schulprogramm anbieten. Der Unterricht bezieht sich auf ein bestimmtes Fachgebiet. Stehen Sie als Kommunikationstrainer oder Teamentwickler vor einer Gruppe, ist Ihre Tätigkeit eine freiberuflich lehrende Tätigkeit.
Daran fehlt es, wenn Sie Ihr Coaching auf die Bedürfnisse Ihrer Kunden zuschneiden und ein individuelles Einzelcoaching anbieten. Typisches Beispiel ist die Lebensberatung. In diesem Fall vermitteln Sie keinen systematisch aufbereiteten Unterrichtsstoff. Vielmehr greifen Sie die Lebenssituation Ihrer Klienten auf und versuchen individuelle Lösungen zu finden. Hinzu kommt, dass sich diese Art von Coaching nicht auf ein klar umrissenes Fachgebiet bezieht.
- Ist Ihre Tätigkeit gemischter Natur, sollten Sie Ihre Dienstleistungen gegeneinander abgrenzen und die Tätigkeiten separat anmelden. Als Coach sind Sie dann als Gewerbetreibender tätig, während Sie daneben eine unterrichtende Tätigkeit freiberuflich ausüben. In beiden Bereichen ermitteln Sie Ihre Gewinne getrennt.
- Sind Sie jedoch Angehöriger eines anerkannten freien Berufes, wie Psychotherapeut, Heilpraktiker oder Unternehmensberater, erübrigt sich meist die Frage, ob Sie freiberuflich oder gewerblich tätig sind. In diesen Fällen lässt sich Coaching in die Arbeit einbauen, ohne dass Ihr Status als Freiberufler gefährdet wird. Schwierigkeiten sind dann wiederum zu erwarten, wenn Sie spezielle Coachingangebote bewerben und es keine ausreichenden Schnittmengen mit Ihrer eigentlichen beruflichen Dienstleistung gibt.
Alles in allem
Ob ein Coach freiberuflich oder gewerblich tätig ist, hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Um unnötige Risiken und unnötigen Ärger möglichst zu vermeiden, sollten Sie sich idealerweise vor Aufnahme Ihrer Tätigkeit steuerlich beraten lassen. Gleiches gilt, wenn Sie im Lauf Ihrer Tätigkeit mit der gegenteiligen Auffassung Ihres Finanzamtes konfrontiert werden. Ihr steuerlicher Berater kann Sie auch darin unterstützen, dem Finanzamt mit der richtigen Argumentation vorzutragen, dass Sie freiberuflich tätig sind und auch tätig sein wollen.