Steuerberater muss BeST nutzen

Freitag, 14.06.2024 , geschrieben von EliteXPERTS-Redaktion

Der Gesetzgeber sieht es als Aufgabe und Verpflichtung, den elektronischen Rechtsverkehr zu stärken. Deshalb sind auch Steuerberater verpflichtet, ein besonderes Steuerberaterpostfach (beSt) einzurichten. Die Konsequenz besteht darin, dass ein Steuerberater sein besonderes Steuerberaterpostfach nutzen muss, wenn er beim Finanzgericht eine Klage einreichen möchte. Der Einwurf der Klageschrift in den Briefkasten des Finanzamtes genügt insoweit nicht. Das Niedersächsische Finanzgericht hat hierzu eine aktuelle Entscheidung getroffen, die jeder, der in einem steuerberatenden Beruf tätig ist, zur Vermeidung von Haftungsrisiken unbedingt kennen sollte.

Praxisbeispiel

Kurz vor Frist in den Nachtbriefkasten

Das Niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 24.4.2024, Az. 13 K 114/23, Quelle: Niedersächsisches Finanzgericht, Newsletter 6/2024 vom 16. Mai 2024) hatte den Fall zu entscheiden, in dem ein Steuerberater die Klage in Papierform am letzten Tag der Klagefrist in den Briefkasten des Finanzamtes eingeworfen hatte. Das Finanzamt übermittelte die Klageschrift nach Ablauf der Klagefrist an das Finanzgericht. 

Der Steuerberater war der Auffassung, er habe die Klagefrist mit dem Einwurf in den Briefkasten des Finanzamtes gewahrt. Insbesondere bestehe die Option einer Klageeinreichung in Papierform beim Finanzamt trotz der Verpflichtung zur Einrichtung eines besonderen Steuerberaterpostfaches fort, insbesondere deshalb, weil es dem Steuerberater nicht möglich war, die Klageschrift als elektronisches Dokument beim Finanzgericht einzureichen. Ihm sei von der Bundessteuerberaterkammer nämlich noch kein solches besonderes Steuerberaterpostfach zugewiesen worden. Das beklagte Finanzamt hingegen war der Auffassung, die Klage sei unzulässig, da der Steuerberater eine aktive Nutzungspflicht für das beSt habe und die Klageschrift nur elektronisch habe einreichen können.

 

Das Niedersächsische Finanzgericht stellte klar, dass die Verpflichtung, die Klageschrift über das beSt einzureichen, auch gelte, wenn die Klageschrift in den Briefkasten des Finanzamtes eingeworfen werde. Die Bemühungen des Gesetzgebers, den elektronischen Rechtsverkehr zu stärken, wären obsolet, wenn der Steuerberater die Klage weiterhin per Briefeinwurf erheben könnte. Es gebe auch keine Gründe, für eine beim Finanzamt eingereichte Klage geringere formale Anforderungen zu stellen. Insbesondere sei der Briefkasten des Finanzamtes kein Ersatz für das besondere Steuerberaterpostfach. 

 

Nicht unbedingt überzeugend ist der Hinweis des Finanzgerichts, dass der Gesetzgeber dem Bürger den Zugang zu den Finanzgerichten habe erleichtern wollen. Der Bürger könne die gesetzliche Klagefrist bis zur letzten Sekunde dadurch nutzen, dass er die Zeit der Postbeförderung bis zu dem in der Regel auswärtigen Finanzgericht nicht beachten müsse. Würde die Klageschrift mit der Post übermittelt, müsste die Postlaufzeit mit den damit verbundenen Risiken beachtet werden. Trotzdem ist es so, dass dem Bürger, vertreten durch seinen Steuerberater, die Option genommen wird, die Klageschrift alternativ zur elektronischen Übermittlung einreichen zu dürfen. 

 

Der Hinweis des Steuerberaters, ihm sei von der Bundessteuerberaterkammer noch kein beSt empfangsbereit zur Verfügung gestellt wurden, hat insoweit keine Rolle gespielt, als es als Aufgabe des Steuerberaters betrachtet wird, für die zeitgerechte Einrichtung eines beSt Sorge zu tragen. Inwieweit für den Steuerberater für die Einrichtung seines beSt eventuell eine Übergangsfrist gegolten hat, ist aus dem veröffentlichten Urteilstext nicht ersichtlich.

Was genau ist das beSt?

Das besondere Steuerberaterpostfach (beSt) ist ein digitales Postfach, das speziell für Steuerberater eingerichtet wurde. Es dient der sicheren und rechtsverbindlichen Kommunikation zwischen Steuerberatern, Mandanten, Gerichten und anderen Behörden. Die Einführung des beSt begann offiziell am 1. Januar 2023. Ab diesem Zeitpunkt konnten Steuerberater das beSt einrichten und nutzen. Seit dem 1. Januar 2024 ist die Nutzung des beSt für alle Steuerberater verpflichtend. Ab diesem Datum müssen alle Schriftsätze und Dokumente, die an Finanzgerichte und andere Behörden gerichtet sind, über das beSt oder andere zugelassene elektronische Übermittlungswege eingereicht werden.

 

Für Rechtsanwälte gibt es in gleicher Form das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA). Das beA ist speziell für Rechtsanwälte konzipiert und dient der sicheren Kommunikation mit Gerichten, Behörden und anderen Anwälten.

Nach welcher gesetzlichen Regelung regelt sich das beSt?

§ 52d Finanzgerichtsordnung verpflichtet die rechts- und steuerberatenden Berufe, den elektronischen Schriftverkehr in Anspruch zu nehmen. Ergänzend bestimmt § 86d Steuerberatergesetz, dass die Bundessteuerberaterkammer über die Steuerberaterplattform für jeden Steuerberater und Steuerbevollmächtigten ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach empfangsbereit einrichtet. 

 

Der Inhaber des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs ist insoweit verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Steuerberaterpostfach zur Kenntnis zu nehmen.

Was tun, wenn das (beSt) nicht funktioniert?

Die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts sollte Anlass sein, von vornherein eine Strategie vorzuhalten, falls das (beSt) nicht funktioniert.

1. Fehlersuche und Behebung

  • Technischer Support: Kontaktieren Sie den technischen Support Ihres beSt-Anbieters oder der Steuerberaterkammer. Diese können bei der Fehlersuche und Behebung technischer Probleme helfen.
  • Software-Updates: Stellen Sie sicher, dass Sie die neueste Version der beSt-Software und alle erforderlichen Updates installiert haben.
  • Hardware-Überprüfung: Überprüfen Sie die Hardware, wie Kartenleser und Zertifikate, um sicherzustellen, dass sie ordnungsgemäß funktionieren.

2. Alternative Übermittlungswege

  • EGVP: Nutzen Sie das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) als alternativen sicheren Übermittlungsweg, falls das beSt vorübergehend nicht verfügbar ist. Das EGVP ist ein allgemeines elektronisches Postfach für die Kommunikation mit Gerichten und Behörden. Es kann auch von Steuerberatern genutzt werden, um Dokumente sicher und rechtsverbindlich zu übermitteln.
  • Telefax: In dringenden Fällen und wenn keine andere elektronische Übermittlung möglich ist, kann das Fax als Notfalllösung dienen. Beachten Sie, dass dies nur eine vorübergehende Lösung sein sollte und nicht den Anforderungen des § 52d FGO entspricht.

3. Dokumentation und Kommunikation

  • Dokumentation: Dokumentieren Sie alle Schritte, die Sie unternommen haben, um das Problem zu beheben, einschließlich der Kontaktaufnahme mit dem technischen Support und der Nutzung alternativer Übermittlungswege.
  • Information der Gegenseite und des Gerichts: Informieren Sie das zuständige Finanzgericht und gegebenenfalls die Gegenseite über die technischen Probleme und die ergriffenen Maßnahmen. Dies zeigt, dass Sie alles Mögliche unternommen haben, um den elektronischen Rechtsverkehr aufrechtzuerhalten.

4. Fristen wahren

  • Fristenkontrolle: Achten Sie besonders auf Fristen und stellen sicher, dass Sie alle notwendigen Dokumente rechtzeitig einreichen, auch wenn dies vorübergehend auf alternativen Wegen erfolgt. Es ist immer zweckmäßig, eine Frist nicht bis zur letzten Sekunde auszunutzen. Sie bewahren sich damit die Chance, bei technischen Schwierigkeiten rechtzeitig reagieren zu können.
  • Anträge auf Fristverlängerung: Wenn es absehbar ist, dass die technischen Probleme länger dauern, stellen Sie rechtzeitig einen Antrag auf Fristverlängerung bei Gericht und begründen diesen mit den technischen Schwierigkeiten.

5. Langfristige Lösungen

  • Systemüberprüfung: Führen Sie eine umfassende Überprüfung Ihres Systems durch, um sicherzustellen, dass ähnliche Probleme in Zukunft vermieden werden können.
  • Schulung und Weiterbildung: Sorgen Sie dafür, dass Sie und Ihr Team regelmäßig geschult werden und über die neuesten Entwicklungen und Anforderungen im elektronischen Rechtsverkehr informiert sind.

Alles in allem

Wer nicht mit der Zeit geht, driftet ins Abseits. Gerade die freiberuflichen Berufe sind gehalten, die technischen Vorgaben ernst zu nehmen und umzusetzen. Bei Zweifeln und Unsicherheiten sollten Sie kompetente Hilfe in Anspruch nehmen. Ihr rechtzeitiges Handeln vermeidet Nachteile und entbindet Sie von der ständigen Herausforderung, negativen Entwicklungen vorzubeugen.

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