Wann darf ein Anwalt ein Mandat ablehnen?

Montag, 29.04.2024 , geschrieben von EliteXPERTS-Redaktion

Ein Anwaltsmandat begründet ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Sie dürfen als Mandant erwarten, dass Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin Sie bestmöglich informiert, berät sowie außergerichtlich und gerichtlich vertritt. Dieses Ziel lässt sich nur erreichen, wenn sich der Anwalt in der Lage sieht, den Mandanten bestmöglich zu betreuen. Ist die bestmögliche Betreuung nicht gewährleistet, muss der Anwalt die Option haben, ein Mandat abzulehnen. Wir erklären, 

  • warum Anwälte nicht zwingend jedes Mandat annehmen müssen, 
  • wann Anwälte trotzdem einen Mandanten beraten müssen, 
  • aus welchen Gründen Anwälte ein Mandat ablehnen können und
  • was Anwälte bei der Ablehnung oder Kündigung eines Mandats zu beachten haben.

Anwälte unterliegen keinem Kontrahierungszwang

Das Anwaltsmandat ist ein Vertragsverhältnis. Wegen der gesetzlich begründeten Vertragsfreiheit besteht keine Verpflichtung eines Anwalts, ein Mandat zu übernehmen. Daran ändert sich auch nichts, dass Anwälte Organe der Rechtspflege sind und damit auch Verantwortung dafür tragen, dass rechtssuchende Bürger Zugang zum Recht bekommen und der Rechtssuchende die Chance haben muss, sich rechtlich beraten und vertreten zu lassen. 

 

Kontaktieren Sie also einen Anwalt, darf der Anwalt ohne nähere Begründung das Mandat ablehnen. Da das Anwaltsmandat ein Vertrauensverhältnis ist, darf der Anwalt auch ein bestehendes Mandat kündigen, ohne dass er dem Mandanten dafür einen wichtigen Grund benennen muss. Umgekehrt haben auch Sie als Mandant das Recht, den Anwalt oder die Anwältin Ihres Vertrauens zu kontaktieren oder ein bestehendes Anwaltsmandat jederzeit ohne Angabe von Gründen zu kündigen.

Mandatsübernahme aus berufsrechtlicher Pflicht

Die Vertragsfreiheit des Anwalts wird durch das Berufsrecht eingeschränkt. Beantragen Sie Verfahrenskostenhilfe, wird Ihnen vom Gericht ein Rechtsanwalt „beigeordnet“. Der Anwalt kann die Beiordnung aus wichtigen Gründen ablehnen. Da laut Gesetz ein „zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl des Mandanten“ beigeordnet werden soll, wird es selten so sein, dass die Beiordnung gegen den Willen des Anwalts erfolgt. 

 

Ähnlich ist es bei der Beratungshilfe. Haben Sie sich beim Amtsgericht einen Beratungshilfeschein beschafft, dürfen Sie sich bei einem Rechtsanwalt Ihrer Wahl außergerichtlich beraten lassen. Nach dem Beratungshilfegesetz sind Anwälte verpflichtet, die Beratungshilfe zu übernehmen und dürfen die Mitwirkung nur aus wichtigem Grund ablehnen. Kontaktieren Sie einen Anwalt mit dem Wunsch nach Beratungshilfe, werden Sie selbst als Mandant kein Interesse haben, die Dienste dieses Anwalts in Anspruch zu nehmen, wenn der Anwalt offensichtlich kein Interesse an der Übernahme des Mandats hat.

 

Dabei ist es dem Anwalt verwehrt, ein Verfahrenskostenhilfe- oder ein Beratungsmandat allein aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen, wenn und weil die gesetzlich bestimmte Vergütung unzureichend ist. Anwälte sollen insoweit ein Sonderopfer erbringen müssen, solange hierdurch nicht ihre Existenz gefährdet wird. 

 

Auch fehlende fachliche Gründe sollen nicht unbedingt ein Grund sein, ein Mandat abzulehnen. Sofern sich der Anwalt in zumutbarer Weise in eine ihm unbekannte Rechtsmaterie einarbeiten kann, müssen Anwälte auch bei fehlenden Rechtskenntnissen oder unzureichenden Erfahrungen Beratungshilfe leisten.

Welche Gründe rechtfertigen die Ablehnung eines Mandats?

Folgende vier Gründe kommen immer mal wieder in Betracht.

Ablehnung liegt im Interesse des Mandanten

Beauftragen Sie einen Rechtsanwalt, erwarten Sie die bestmögliche Betreuung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch Anwälte nicht in jedem Rechtsgebiet Experte sein können. Fühlt sich ein Anwalt in einem bestimmten Rechtsgebiet nicht ausreichend bewandert, kann und sollte er die Übernahme des Mandats ablehnen. Schließlich müsste der Anwalt verantworten, dass er ein Mandat übernimmt, das er nicht sachgemäß betreuen kann. Als Mandant wären Sie also schlecht bedient. 

 

Nicht zuletzt gebietet es die Haftpflichtverantwortung des Anwalts, dass er nur ein Mandat übernimmt, dass er kompetent betreuen kann. Die Beratung und Vertretung in unbekannten oder speziellen Rechtsbereichen ist immer mit Haftungsrisiken behaftet.

 

Dies gilt umso mehr, als sich erst im laufenden Verfahren herausstellt, dass der Anwalt keine gute Arbeit leistet. Müssten Sie dann den Anwalt wechseln, müsste sich der neue Anwalt in Ihr Mandat einarbeiten, was naturgemäß mit Vertrauensverlust in die Rechtspflege, zusätzlichen Gebühren sowie einem meist höheren zeitlichen und organisatorischen Aufwand verbunden ist. Sie sollten die Ablehnung eines Mandats also nicht als Misstrauensvotum gegenüber Ihrer Person verstehen, sondern vielmehr als verantwortungsvolle Entscheidung des Anwalts bei der Beurteilung Ihres angetragenen Mandats.

Ablehnung wegen Interessenkollision

Ein Anwalt darf Sie als Mandanten nicht vertreten, wenn er sich einer Interessenkollision aussetzt. Möchten Sie die Scheidung beantragen, muss der Anwalt das Mandat ablehnen, wenn er bereits Ihren Ehegatten berät oder den Ehegatten in einer sonstigen Rechtsangelegenheit bereits beraten oder vertreten hat.

 

Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der wegen der Interessenkollision nicht tätig werden darf. Er darf das Mandat aber trotzdem übernehmen, wenn Sie der Tätigkeit des Anwalts nach umfassender Information in Textform zustimmen und durch geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sichergestellt ist.

Anwalt ist überlastet

Ein Anwalt kann ein Mandat annehmen, wenn er sich zeitlich in der Lage sieht, das Mandat zu betreuen. Ist er aufgrund anderer Mandate überlastet, wäre es nicht zu verantworten, ein Mandat anzunehmen, obwohl erkennbar ist, dass der Anwalt das Mandat nicht zeitgerecht und damit verantwortungsvoll bearbeiten kann. Im Interesse von Mandant und Anwalt sollte das Mandat abgelehnt werden.

Fehlendes oder zerstörtes Vertrauensverhältnis

Das Anwaltsmandat begründet ein besonderes Vertrauensverhältnis. Der Anwalt kann den Mandanten nur sinnvoll konstruktiv beraten und vertreten, wenn er das dafür notwendige Vertrauen zum Mandanten hat und umgekehrt der Mandant das notwendige Vertrauen zum Anwalt hat. Die Chemie muss einfach stimmen. 

 

Ist das Vertrauensverhältnis gestört oder fehlt das Vertrauen von vornherein, wird ein Anwalt kein Interesse daran haben, dass Mandat anzunehmen oder fortzuführen. Dies gilt umso mehr, als § 627 BGB ausdrücklich bestimmt, dass ein Dienstverhältnis von jeder Vertragspartei aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Es wäre sinnwidrig, erst ein Mandat annehmen zu müssen, um es anschließend mangels Vertrauens zu kündigen.

Wie ist das Mandat abzulehnen?

Will ein Anwalt das angetragene Mandat ablehnen, muss er die Ablehnung unverzüglich erklären. Dies gilt vornehmlich dann, wenn Fristen zu beachten sind und der Mandant Gefahr läuft, eine Frist zu versäumen. Will der Anwalt ablehnen, muss er seine Ablehnung klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen und vermeiden, dass der Mandant sich zu der Annahme verleitet fühlt, der Anwalt kümmere sich um das Mandat.

 

Will der Anwalt das Mandat kündigen, muss er beachten, dass er nicht zur „Unzeit“ kündigt. Dies bedeutet, dass der Anwalt dem Mandanten die Chance gewähren muss, sich um eine anderweitige anwaltliche Vertretung zu kümmern, beispielsweise, wenn kurzfristig ein gerichtlicher Termin bevorsteht oder eine gerichtliche Frist zu wahren ist. Kündigt der Anwalt schuldhaft ohne wichtigen Grund, setzt er sich Schadenersatzansprüchen aus.

Alles in allem

Gerade, weil das Anwaltsmandat ein besonderes Vertrauensverhältnis begründet, ist es wichtig, dass Mandant und Anwalt die gebotene Rücksicht aufeinander nehmen und gemeinsam dazu beitragen, dass das Mandat erfolgreich geführt werden kann. Dazu ist es notwendig, dass der Mandant alle Informationen offenbart, die für die Führung des Mandats wichtig sind und der Anwalt den Mandanten über alles informiert, was sich aus der Führung des Mandats ergibt. Das gegenseitige Verständnis für die Position des anderen ist immer hilfreich, gemeinsam die Herausforderung zu bewältigen, die jedes Mandat mit sich bringt.

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